Programm: F.A. Guilmant: Symphonie Nr.1 in d op. 42 für Orgel und Orchester ; R.M.Stangier: Suite improvisée für Orgel. Spieldauer 74 Minuten. Mitra CD 16286. Die CD ist dem 40jährigen Jubiläum der Beckerath-Orgel (1955,IV/60) der Hauptkirche St. Petri in Hamburg gewidmet. Die Symphonie von Guilmant dürfte in der vorliegenden Fassung den „eingefleischten“ Orgelfreunden nicht so nahe stehen wie die reine Orgelausgabe, die Guilmant als „Sonate“ bezeichnete. Hier ist die Orgel eben Teil des Orchesters und tritt in dieser Aufnahme auch deutlich hinter ihm zurück. Orgel pur gibt es im 2. Teil, in dem Stangier in einer Improvisation eine Suite darbietet, bestehend aus 6 Teilen: die ersten 3 basieren auf gregorianischen Themen und sind Maurice Duruflé, den anderen 3 liegen deutsche Kirchenlieder zugrunde, sie sind R. v. Beckerath (gestorben 1976) gewidmet. Stangier verwendet hier virtuos verschiedene traditionelle und auch französische Stilmittel im tonalen Raum. Das Klangbild der Orgel wird so auf ansprechende Art dargestellt, von leisesten Stimmen bis zum Tutti. Aufnahmetechnisch hat man ein gutes Gleichgewicht zwischen Direkt- und Raumklang eingestellt. Das Wechselspiel zwischen dem Rückpositiv (geteilt) und dem Hauptgehäuse ist gut auszumachen, letzteres tritt klanglich allerdings etwas zurück. Die Live-Aufnahme ist so gut wie frei von Nebengeräuschen! Das Beiheft zeigt im Titel ein Farbfoto der Orgel, ist deutsch/englisch verfasst und enthält Angeben zu den Kompositionen, zur Disposition mit Hinweisen zur Herkunft der Register und der Vorgängerorgel von Walcker (1885) bzw. Arbeiten von Sauer (1935); am Ende Kurzbiographien der Künstler. Angaben zur Registrierung und Spieldauer sind nicht vorhanden. Quelle: Ars Organi Seit zwei Jahren lehrt Roland Maria Stangier als Professor künstlerisches Orgelspiel und Improvisation (in Nachfolge von Prof. Gerd Zacher) an der Essener Folkwang Hochschule. Daneben wird er ab dem Sommersemester 1997 in denselben Fächern auch einen kleinen Lehrauftrag an der Bischöflichen Kirchenmusikschule Essen übernehmen. Stangier zählt nicht nur zu den international gefragten Konzertorganisten und Literaturspielern. Sein Metier ist im Besonderen die Kunst der Improvisation, entwachsen aus einer intensiv gepflegten Kantorentätigkeit (die außerdem von der Leitung des Kinderchores bis zum Oratorienchor reichte!), zuletzt an der Hauptkirche St. Petri in Hamburg. Dort wurde zu seinem Abschied und aus Anlass des 40jährigen Jubiläums der dortigen Beckerath-Orgel eine CD produziert (Konzert-Live-Mitschnitt). Stangier ist darauf als Solist in Guilmants erster Symphonie zu hören (Umarbeitung der 1. Orgelsonate) sowie als Improvisator. Zusammen mit dem gut disponierten Berliner Mozartorchester unter der Leitung von Christian Höppner gestaltet Stangier eine fesselnde Interpretation des selten live zu erlebenden symphonischen Orgelkonzertes; besonders auffallend der rhythmische „Biss“ in dem nicht selten virtuosen Tempi (Finale), der musikantische Zugriff und die gezeichnet klare Artikulation. Den Musiker Stangier lernt man allerdings am eindrücklichsten kenn in den aufgezeichneten Live-Improvisationen, die in der symphonischen Länge ebenso wie in kürzeren Episoden von formaler Geschlossenheit (faszinierende Crescendo-Entwicklung über „Mein schönster Zier“), von Einfallsreichtum, spielerischer Freude, Klangsinn („Ubi caritas“), motivischer Raffinesse – und nicht selten von einer Portion musikalischem Schalk und Augenzwinkern zeugen („blue-notes“ bei „Allein Gott in der Höh´ sei Ehr“). Nicht nur ein gelungenes Orgelportrait, sondern auch eine klingende Visitenkarte für den Orgel-Interpreten, die anzuhören „richtig Laune macht“! Quelle: Musik im Bistum Essen I/97